Die Bedürfnisse

Grundlagen

Auslöser für das Wirtschaften und Antriebe (Motive) für die Beschäftigung mit dem Thema '"Wirtschaft" sind die Bedürfnisse der Menschen. Wo immer die Menschen leben und wie immer sie leben, sie haben Bedürfnisse. Das beginnt bei ihren elementaren und existenziellen Bedürfnissen sich zu ernähren, zu kleiden und sich vor den Widrigkeiten der Natur zu schützen. Man spricht von Primärbedürfnissen oder auch Existenzbedürfnissen. Ihre Befriedigund ist lebensnotwendig.  Die Wünsche, sich das Leben zu verschönern, interessanter zu gestalten, sich zu unterhalten, mit kunstvollen Gegenständen zu umgeben, sind nicht unbedingt lebensnotwendig und werden deshalb auch als Sekundärbedürfnisse, Kultur- und Luxusbedürfnisse bezeichnet.
 

Bedürfnisse sind subjektiv empfundene Gefühle des Mangels mit dem Streben, diese Mangelgefühle zu beseitigen.
Grundsätzlich unterscheiden sich die Existenzbedürfnisse von den Kultur- und Luxusbedürfnissen.

Die zur Bedürfnisbefriedigung notwendigen Güter  stellen die Menschen heute nur in Ausnahmefällen selbst her. Der Bauernhof, der Kleingärtner und der "Heimwerker" können sich zwar bis zu einem gewissen Grad mit selbst erzeugten Gütern versorgen, letztlich verbrauchen die Menschen die von Unternehmen produzierten Güter und Leistungen. Die Menschen, wir sollten besser von Haushalten sprechen, können sich diese Güter beschaffen, weil ihnen Einnahmen aus dem "Verkauf" ihrer Arbeitskraft zufließen oder weil sie Vermögen besitzen, aus dem Geldmittel fließen.

Die Summe der Bedürfnisse, die mit Geldmitteln (man sagt dafür auch Kaufkraft) ausgestattet sind, wird als Bedarf bezeichnet. Er bildet die Grundlage der Nachfrage. Den Teil der Einnahmen, den die Haushalte nicht konsumieren, also nicht direkt zur Befriedigung der Bedürfnisse und Beschaffung der dafür nötigen Güter einsetzen, wird gespart. Ersparnisse bedeuten damit  Konsumverzicht.

Einteilung der Bedürfnisse

Mit der Unterscheidung zwischen Primär- oder Existenzbedürfnissen und Sekundär- oder Kultur- und Luxusbedürfnissen haben wir eine grundsätzliche Unterscheidung getroffen. Diese Einteilung lässt jedoch kaum eine verallgemeinernde Anwendung zu: Was für das eine Wirtschaftssubjekt Sekundärbedürfnisse sind, können für das andere durchaus Primärbedürfnisse sein. Der Versuch, Bedürfnisse allgemeingültig zu systematisieren, stößt deshalb auf Schwierigkeiten und es finden sich eine Reihe von  Einteilungsmöglichkeiten.

So ist auch eine Einteilung in naturgegebene und manipulierte Bedürfnisse möglich. Diese berücksichtigt den Tatbestand, dass ein Mensch im Verlauf seiner primären und sekundären Sozialisation, durch Erziehung und andere Urnwelteinflüsse (z.B. durch Werbung oder zwischenmenschliche Beziehungen) viele Bedürfnisse erst erwirbt.

Eine spezielle Bedeutung hat die Einteilung in Individual- und Kollektivbedürfnisse. Die Bedürfnisse werden danach gruppiert, ob sie vom Individuum oder vom Kollektiv (Gemeinschaft) befriedigt werden. So ist z.B. Bildung ein individuelles Bedürfnis, es kann aber weitgehend nur durch entsprechende Einrichtungen des Staates befriedigt werden und ist insofern ein Kollektiv- bedürfnis.

Die Hierarchie der Bedürfnisse nach Maslow
 

Eine weit verbreitete Gruppierung der Bedürfnisse stammt von Abraham Harold Maslow (1908 bis 1970). Er war amerikanischer Psychologe und Vertreter der sogenannten humanistischen Psychologie.
Nach dieser Auffassung bilden die Grundbedürfnisse die unterste Bedürfnisschicht . Gemeint sind damit die Existenzbe- dürfnisse Hunger, Durst usw. Die zweite Schicht gibt die Sicherheitsbedürfnisse an, Bedürfnisse, die darauf ausgerichtet sind, die Befriedigung der Grundbedürfnisse nachhaltig zu sichern, z.B. durch Versicherungen, durch Sicherheitsdienste, durch Polizei. Die dritte Schicht umfasst die sozialen Bedürfnisse, Bedürfnisse nach Kontakten, Beziehungen etc. Die Bedürfnisse der vierten Schicht sind die Wertschätzungsbedürfnisse, Bedürfnisse nach Anerkennung, Ansehen. Die letzte Schicht beschreibt sog. Entwicklungsbedürfnisse, Selbstverwirklichungsbedürfnisse. Der Einzelne will seine Potenziale ausschöpfen, Sinn stiften, eine Identität sein, im Einklang mit dem Kosmos sein.
Mit der Form der Pyramide soll nicht nur die unterschiedliche quantitative Bedeutung der Bedürfnisschichten wiedergegeben werden, sondern auch eine Rangordnung in der Befriedigung der Bedürfnisse: Zunächst werden die Grundbedürfnisse vollständig, dann die Sicherheitsbedürfnisse zumindest zum großen Teil, dann die sozialen Bedürfnisse zumindest teilweise befriedigt usw.
Das Bestechende an Maslows Theorie ist die intuitive Richtigkeit, die man an zahlreichen Beispielen belegen kann. Seriöse Forschungen haben allerdings auch zahlreiche Gegenbeispiele aufgezeigt, bei denen diese Theorie nicht zutrifft. Gerade in den Wirtschafts- und Sozialwissenschaften ist sehr umstritten, dass der Mensch seine Bedürfnisse nacheinander in Schichten erfüllt.

Leitbild der modernen Wirtschaftslehre ist der nach materieller Bedürfnisbefriedigung strebende Mensch. Mit Hilfe verschiedenster Kommunikationsmittel (Werbung, Public Relations) wird die individuelle Bedürfnisbefriedigung in den Vordergrund gerückt und der Mensch dazu verleitet,  nach immer mehr Gütern zu streben. Kritische Stimmen zu dieser Auffassung gibt es genügend und mit zunehmenden Bewusstsein von den "Grenzen des Wachstums" wird sich auch die Wirtschaftspraxis von der Vorstellung einer unbegrenzten Ausweitung des Konsums trennen müssen.

Neben der Maslowschen Vorstellung haben Wirtschaftswissenschaftler in mehreren Modellen aufgezeigt, wie sich Bedürfnisse verändern können. (entnommen H.Peters: Volkswirtschaftslehre. Lernt gemeinsam handeln. Darmstadt 2000, S. 18)

Zusammenfassung - Übersicht der Bedürfnisse:
 
Kriterien der Unterscheidung
Begriffe
Beispiele
Dringlichkeit
  • Primärbedürfnisse (Existenzbedürfnisse)
  • Sekundärbedüfnisse (Kultur- und Luxusbedürfnisse
Essen, Trinken, Wohnen, Schlafen
Film, Theateraufführung ..erleben
Erwerb
  • Naturgegebene Bedürfnisse (entstehen durch die natürlichen Bedingungen menschlicher Existenz)
  • Manipulierte Bedürfnisse (werden im Verlauf des Sozialisationsprozesses erworben und/oder verändert)
Essen, Trinken, Wohnen, Schlafen
Bücher lesen, Kunstobjekte besitzen
Befriedigung
  • Individualbedürfnisse (Befriedigung erfolgt durch die Person selbst)
  • Kollektivbedürfnisse (Befriedigung erfolgt durch die Gemeinschaft/Gesellschaft)

  •  
Essen, Trinken, Wohnen, Schlafen

Schutz vor Willkür, Sicherheit des Arbeitsplatzes, Krankenversicherung,
Sicherheitsdienst 
 

Bewusstseinsgrad
  • offene Bedürfnisse
  • latente Bedürfnisse
Hunger, Durst, Schutz vor Kälte
Modische Kleidung
Dringlichkeit und Rangordnung
  • Grundbedürfnisse
  • Sicherheitsbedürfnisse
  • Soziale Bedürfnisse
  • Wertschätzungsbedürfnisse
  • Entwicklungsbedürfnisse

  •  
Essen, Trinken, Wohnen, Schlafen
Sicherheit des Arbeitsplatzes
Freundschaft und Gruppenzugehörigkeit
Respekt, Status, Würde
Entfaltung der Persönlichkeit

 
Übungsaufgaben
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