In der Schule lernt man die Nebenflüsse
der Donau kennen, aber keine Aktiengesellschaften. Gymnasiasten wissen,
warum der Dreißigjährige Krieg ausgebrochen ist, aber nicht,
wie es zur Arbeitslosigkeit kommt explodiert. Sie können einen Benzolring
malen, aber keine Bilanz lesen. Die meisten deutschen Lehrer verstehen
ohnehin nichts von Wirtschaft und können den Schülern daher auch
nichts beibringen, weshalb diese als Erwachsene glauben, Wirtschaft sei
zu kompliziert. Die Klagen. über diesen Missstand sind genau so alt
wie die Forderung nach einem Schulfach Ökonomie, die das Deutsche
Aktieninstitut jetzt wieder erhoben hat. Neu ist, dass die Forderung mittlerweile
populär geworden ist. Und das hat mindestens zwei Gründe:
Erstens stand bis vor kurzem die Wirtschaftswissenschaft unter einem generellen
Ideologieverdacht: Volks- und Betriebswirte galten als Propagandisten des
Kapitals, die man besser nicht auf unschuldige Kinder los lassen sollte.
Spätestens nach 1989 haben jedoch die ideologischen Streiter ihre
Schützengräben, verlassen. So pragmatisch wie die Ökonomie
selbst ist auch deren Rezeption in der Öffentlichkeit geworden. Schulklassen
beteiligen sich ohne Arg an Börsenspielen; ihre Lehrer machen dabei
mit.
Zweitens ist der Bedarf an ökonomischen Wissen explodiert. Wenn man
sein Leben lang den gleichen Arbeitgeber und das gleiche Bankkonto hat,
und wenn die Rente automatisch ein gutes Auskommen im Alter sichert, dann
kommt man notfalls auch ohne Verständnis für die Wirtschaft ganz
gut durchs Leben. Wenn sich jedoch in Erwerbsbiografien Brüche auftun,
wenn Selbständigkeit eine Option ist, wenn man sich um die Altersversorgung,
den Stromlieferanten und die Telefongesellschaft selbst kümmern muss,
dann ist ökonomisches Grundwissen notwendig. Die neue Welt der offenen
Märkte bietet viele Chancen, aber für den, der sie nutzen will,
fallen zum Teil hohe Informationskosten an. Ein guter Schulunterricht kann
diese senken.
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