Besondere Konjunkturabschnitte
Bei der Erklärung für das Auf und Ab
in der Wirtschaft konzentriert man sich auf das "normale" Geschehen und
auf gewisse Gesetzmäßigkeiten. Im 20. Jahrhundert zeigte die
Wirtschaftsentwicklung sehr deutlich solche normal verlaufenden Konjunkturzyklen.
Das vergangene Jahrhundert bot aber auch außergewöhnliche Wirtschaftsentwicklungen,
die in diesem Abschnitt kurz erläutert werden sollen.
1. Weltwirtschaftskrise von 1929
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Krise, die sich nach dem New Yorker Börsenkrach
am Schwarzen Freitag des 25. Okt. 1929 global ausweitete und zu einer lang
anhaltenden Depression führte. Die Aktienkurse erreichten erst 1954
wieder den Stand von 1929.
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führte auf ihrem Höhepunkt zur Arbeitslosigkeit
von rund 30 Mill. Menschen ( über 6 Mill. in Deutschland)
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verursachte einen wachsenden Protektionismus
(= Schutz vor ausländischer Konkurrenz).
Schwarzer Freitag (25.10.1929) - In Wirklichkeit
war es Donnerstag, der 24. Oktober 1929. Ihm folgten allerdings ein ebenso
schwarzer Freitag und viele weitere Tage, an denen die Aktienkurse dramatisch
fielen. Es gab plötzlich viele Verkäufer aber kaum Interessenten
für Aktien. Damals sank der Kurs der wichtigsten amerikanischen Aktien
innerhalb von wenigen Stunden um 13%. Es kam zu panikartigen Verkäufen
von Tausenden von Anlegern. Dieser Crash beendete eine lange Periode steigender
Kurse und ein damit verbundenes Spekulationsfieber in der amerikanischen
Bevölkerung. Der sogenannte "Schwarze Freitag" in New York wurde so
der wohl bekannteste Börsencrash seit Bestehen des organisierten Handels
mit Wertpapieren. Er läutete eine mehrjährige weltweite Depression
ein. Viele amerikanische Aktien verloren bis zu 90% ihres Wertes. Die Aktie
des weltweit größten Autoherstellers General Motors stürzte
sogar von 180 auf unter 10 US-Dollar ab. Vom Oktober 1929 bis ins Jahr
1933 ging es fast ohne Unterbrechung immer weiter bergab. Schließlich
war der Wert aller an der US-Börse notierten Aktien auf ein Sechstel
des zuvor erzielten Spitzenwertes gefallen. Die Pleiten und Bankzusammenbrüche
in den USA lösten einen starken Abzug amerikanischer Gelder aus Europa
aus.
In den "Gründerjahren" nach dem deutsch-französischen
Krieg 1870/71 und der deutschen Reichsgründung hatte der Boom zu einer
stark überhitzten Wirtschaftsentwicklung geführt. Das Ende wurde
am 25. Oktober 1929 eingeläutet. Vorausgegangen war eine Zeit wilder
Spekulationen. Wer Aktien ausgab, konnte sicher sein, dafür Käufer
zu finden, die gar nicht erst fragten, was für ein Unternehmen dahinter
stand. Oftmals hatten die Spekulanten ihre Wertpapiere mit Hilfe von Krediten
erworben. Während sie niemanden fanden, der ihnen ihre Aktien wieder
abnehmen wollte, verlangten die Banken ihr Geld zurück. Viele dieser
Spekulanten mußten daher schließlich Konkurs anmelden. Weil
so eine Vielzahl von Anlegern ihre Schulden nicht mehr zurückzahlen
konnten, kam es zu einer Serie von Bankpleiten.
Die USA waren der Geldgeber der europäischen
Verbündeten im 1. Weltkrieg ebenso der Finanzier des Wiederaufbaus
in Europa, einschließlich Deutschlands (Reparationszahlungen nach
Versailler Vertrag). In der Nachkriegszeit entwickelte sich eine lange
Phase der Hochkonjunktur mit übermäßigen Investitionen
und einer Überproduktion vor allem in der Landwirtschaft. Der Abzug
kurzfristiger amerikanischer Kredite führte in Europa und besonders
in Deutschland zu einer Katastrophe. So musste als erste Bank die angesehene
Creditanstalt in Wien am 11. Mai 1931 ihre Schalter schließen und
riß auch viele deutsche Banken mit ins Verderben. Am 11. uli des
gleichen Jahres mußte die Darmstädter und Nationalbank die Zahlungen
einstellen. Im September mußte sogar die Bank of England erklären,
daß sie den Goldstandard (die Verpflichtung, Banknoten jederzeit
in Gold einzulösen) nicht mehr aufrecht erhalten konnte. Zahlreiche
Länder folgten diesem Beispiel. Wegen des Ansturms der Gläubiger
schlossen alle amerikanischen Banken im April 1933 vorübergehend ihre
Schalter. Die Folgen für die produzierende Wirtschaft waren
ebenfalls dramatisch. Überall gingen die Nachfrage und die Produktion
zurück. Der Außenhandel brach ein: Die Exporte der USA schrumpften
zwischen 1929 und 1932 von 5,2 auf 1,6 Milliarden US-Dollar, die Einfuhren
von 4,4 auf 1,3 Milliarden US-Dollar. Der deutsche Außenhandel sank
ebenfalls drastisch: Die Exporte gingen von 12 auf 4,9 Milliarden Reichsmark
zurück, die Importe von 10,4 auf 4,2 Milliarden.
Die Staatseinnahmen sanken dramatisch ebenso
wie die Staatsausgaben stiegen. Durch einen drastischen Sparkurs wurde
die Krise verstärkt, es kam zu Firmenzusammenbrüchen, Banken
schlossen ihre Schalter und Massentlassungen waren die Folge. Die
Zahl der Arbeitslosen stieg sprunghaft an, von September 1929 bis September
1931 von 1,6 Millionen auf 4,3 Millionen. Anfang 1933 wurden 6 Millionen
überschritten. Erst als Folge der Aufrüstung in der zweiten Hälfte
der 1930er Jahre wurde die Arbeitslosigkeit zum Teil überwunden.
2. Das deutsche „Wirtschaftswunder“
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Ununterbrochener wirtschaftlicher Aufschwung
von 1950 bis 1966
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"Soziale Marktwirtschaft" : Ausbau des Sozialstaates
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Steigendes Volkseinkommen und steigender Lebensstandard
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Vollbeschäftigung (Arbeitskräftemangel
und Anwerbung von "Gastarbeitern")
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Beginn der europäischen Integration (EWG
1957)
Vorgeschichte
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Nachkriegszeit von 1945 bis 1947
Durch die Kriegswirtschaft war eine riesige Geldmenge
entstanden, der nur ein geringes Warenangebot gegenüberstand. Es herrschte
große wirtschaftliche Not, denn es mangelte an Nahrungsmitteln, Heizmaterial
(Kohleknappheit) und Wohnraum. In vielen deutschen Städten war mehr
als die Hälfte des Wohnraums zerstört und ein großer Teil
der Industrieanlagen. Das staatliche Bewirtschaftsungssystem des Dritten
Reiches, das von den Alliierten zunächst beibehalten wurde, zerbröckelte
am "Scharzen Markt". Angesichts der relativen Wertlosigkeit von Geld und
Lebensmittelkarten sahen sich die Bürger, vor allem in den Großstädten
auf Schwarzhändler und Schieber angewiesen, da sie auf dem offiziellen
Markt die lebensnotwendigen Güter nicht mehr kaufen konnten. In Deutschland
gab es zu dieser Zeit drei Währungen: Staatliche Gehälter und
Steuern wurden in Reichsmarkt gezahlt. Seit August 1946 gab es für
den Verkehr zwischen alliierten und deutschen Stellen das "Besatzungsgeld",
das nicht in Reichsmark umgetauscht werden konnte. Das wichtigste Zahlungsmittel
aber waren Zigaretten, für die man auf dem Schwarzen Markt fast alles
erhalten konnte. Man spricht deshalb auch von der Zeit der "Zigarettenwährung"
und Deutschland sollte ein Agrarstaat werden (Morgenthau-Plan) mit geringer
industrieller Betätigung.
In diese Zeit fällt die Zerreissung
eines geschichtlich zusammengewachsenen einheitlichen Wirtschaftsgebiets,
die Zerschlagung der Großindustrie, die Bodenreform in der sowjetischen
Zone mit der Enteignung des landwirtschaftlichen Grundbesitzes ohne Entschädigung
und der Aufbau eines planwirtschaftlichen Wirtschaftssystems
In seiner Rede an der Harvard-University am 5.
Juni 1947 äußerte der amerikanische Außenminister George
C. Marshall, dass in Europa verstärkte Wirtschaftshilfe von den USA
geleistet werden müsse. Damit wurde eines der bedeutendsten und erfolgreichsten
Wirtschaftsprogramme eingeleitet: Das European Recovery Programm,
kurz ERP, bekannt auch unter dem Namen "Marshall-Plan". Dieses
Programm umfasste umfangreiche Hilfen für die europäischen Völker,
gleich ob Sieger oder Besiegte, um Europa zu stabilisieren und gegen den
drohenden kommunistischen Vormarsch zu immunisieren. Die Sowjetunion lehnte
die Teilnahme an diesem Programm ab und damit hat der Marshallplan auch
zur Spaltung Deutschlands und Europas nicht unwesentlich beigetragen.
Die Höhe der Mittel aus diesem Plan -
insgesamt 12,4 Mrd. US-Dollar - und ihr Einsatz unterschied sich von Land
zu Land. Vorgenommen wurde die Verteilung der Hilfe durch die neu gegründete
Organisation für europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit (OEEC).
Die vier bevölkerungsreichsten Länder bekamen zwar den Hauptanteil,
jedoch profitierten die kleinen Länder mehr davon, da die Gelder pro
Kopf berechnet wurden. Großbritannien erhielt insgesamt 3,4 Mrd.
US-$, Frankreich 2,8 Mrd. $, Italien 1,5 Mrd. $ und Westdeutschland (ab
1949 Bundesrepublik Deutschland) 1,7 Mrd. $. Zum Vergleich: Norwegen erhielt
136 US-$ pro Kopf, Österreich 131, Griechenland 128, die Niederlande
111, Frankreich 71, Großbritannien 53, Italien 30 und Deutschland
18.
Der Verwendungszweck der Marshallplanhilfe
unterschied sich ebenfalls von Land zu Land: Import von Maschinen, Fahrzeugen,
sowie Eisen- und Stahlprodukten: Island: 41,8%, Belgien/Luxemburg: 35,8%,
Norwegen: 25,7%, Österreich: 11,3%, Großbritannien: 8,8%, Deutschland:
3,3%; Nahrungsmittelimporte: Deutschland: 46,8%, Italien: 35,2%.
Die Marshallplan-Kredite ermöglichten
der westdeutschen Wirtschaft in den Jahren von 1948 bis 1952 Importe von
wichtigen Rohstoffen aus den USA. Die Lieferungen erfolgten ohne
Berechnung, aber die Importeure der Hilfsgüter mußten dafür
"Gegenwertmittel" in einen Fonds einzahlen. Aus diesem wurde ein Sondervermögen
des Bundes gebildet, das ERP - Sondervermögen. Daraus wurden
dann wieder Kredite für den Wiederaufbau der zerstörten Betriebe
gegeben und Zuschußprogramme finanziert. Dieses Sondervermögen
besteht bis heute. Die Rückflüsse aus den gewährten Krediten
werden weiterhin zur gezielten regionalen und sektoralen Förderung
von Investitionsvorhaben privater mittelständischer Unternehmen, des
Umweltschutzes und ähnlicher Aufgaben eingesetzt. Seit Anfang 1990
werden ERP-Mittel auch zur Umstrukturierung der Wirtschaft in den neuen
Bundesländern vergeben. Der Vorteil dieser Kredite gegenüber
den banküblichen Konditionen bestehen in niedrigen Zinsen und langen
Laufzeiten.
Eine Vorbedingung für die Einbeziehung der
Westzonen in den Marshallplan war die grundlegende Bereinigung der Währungsverhältnisse.
Durch die nationalsozialistische Kriegswirtschaft war eine riesige Geldmenge
entstanden, der nur ein geringes Warenangebot gegenüberstand. Am 19.
Juni 1948 – einen Samstag – wurde eine Währungsgesetz der drei westlichen
Militärgouverneure durch Rundfunk und Extrablätter bekanntgegeben.
Nachdem auch die Bank deutscher Länder gegründet war, wurde die
Währungsreform am 20./21. Juni durchgeführt. Jeder Bewohner der
Westzonen erhielt im Umtausch gegen 60 Reichsmark ein sogenanntes Kopfgeld
von 40 DM, im August noch einmal 20 DM; Unternehmen erhielten für
jeden beschäftigten Arbeitnehmer 60 DM, Löhne, Gehälter,
Pensionen, Renten, Mieten und Pachtzinsen wurden im Verhältnis 1:1
umgestellt, die meisten anderen Verbindlichkeiten 10:1. Der Währungsschnitt
traf besonders hart die Besitzer von Sparguthaben, die im Verhältnis
100:6,5 abgewertet wurden. Demgegenüber wurden die Besitzer von Sachwerten
wie Grund und Boden, Häusern, Produktionsbetrieben, Lagern begünstigt
– eine Grundentscheidung für die künftige Vermögensverteilung.
Am 20. Juni 1948 verkündete Ludwig Erhard,
der Direktor für Wirtschaft in der Trizonenverwaltung, eigenmächtig
– ohne Zustimmung der Besatzungsmächte – die weitgehende Aufhebung
der Bewirtschaftung und Preisbindung. Über Nacht wurde nun plötzlich
in den Geschäften alles, was bisher gesetzwidrig zurückgehalten
worden war, angeboten; der Schwarzmarkt verschwand spurlos. Die Sowjetzonenverwaltung
zog am 23. Juni 1948 mit einer eigenen Währungsreform nach, die auf
ganz Berlin ausgedehnt werden sollte. Als die Westmächte die DM-Währung
in den Westsektoren Berlins einführten, begannen die Sowjets mit der
Berliner Blockade, die von den Westmächten mit einer Luftbrücke
beantwortet wurde.
Gründe für das Wirtschaftswunder
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Zusammen mit der Währungsreform und dem
Abbau der Zwangswirtschaft wurde 1948 in den drei Westzonen die Soziale
Marktwirtschaft eingeführt. Dieser Begriff wurde von Alfred Müller-Armack
geprägt und politisch von Ludwig Erhard konsequent umgesetzt. Damit
wurde ein Wirtschaftsmodell geschaffen, das durch die folgenden Merkmale
gekennzeichnet ist::