Seminararbeit von Ingo Schrott, Oktober 2001
Nachbearbeitung und Ergänzung: OStR Starfinger

 

Gleichungen oder Aussageformen mit mehreren Variablen (Unbekannten), für die eine gemeinsame Lösung gefunden werden soll, nennt man Gleichungssysteme.
Gleichungssysteme werden üblicherweise in folgender Form geschrieben:

2 Gleichungen mit 2 Unbekannten x und y:
 
a1x + b1y = c1
a2x + b2y = c2
 
oder 3 Gleichungen mit 3 Unbekannten x, y und z:
 
a1x + b1y + c1z = d1
a2x + b2y + c2z = d2
a3x + b3y + c3z = d3

Da die Lösung alle Gleichungen erfüllen soll, muss man sich die einzelnen Gleichungen durch ein „und“ verbunden denken. Nun gibt es Gleichungssysteme, die eine eindeutige Lösung haben, ferner Gleichungssysteme, die gar keine Lösung haben, oder auch Gleichungssysteme mit unendlich vielen Lösungen.


Zum Lösen eines Gleichungssystems bieten sich verschiedene Verfahren an:


 Grafisches Verfahren
 

Das grafische Verfahren zur Lösung eines linearen Gleichunhssystems ist auf 2 Gleichungen mit 2 Unbekannten beschränkt. In diesem Fall lassen sich nämlich die beiden Gleichungen nach y auflösen, so dass man die Gleichungen zweier linearer Funktionen der Form y = f(x) erhält. Der Vergleich ihrer Grafen führt zu einer Fallunterscheidung:

1. 

Die beiden Grafen haben einen Schnittpunkt. Da der Schnittpunkt auf jedem der beiden Funktionsgrafen liegt, erfüllen seine Koordinaten beide Funktionsgleichungen. Die Koordinaten des Schnittpunktes stellen also die Lösung des linearen Gleichungssystems dar.

2. 

Die beiden Grafen sind echt parallel. In diesem Fall gibt es keinen Schnittpunkt, d. h. das Gleichungssystem besitzt keine Lösung.

3. 

Die beiden Grafen fallen zusammen. In diesem Fall gibt es unendlich viele Lösungen.

  
1.  

Bestimmen Sie nun zeichnerisch die Lösung des linearen Gleichungssystems!

 
a)    y = 2 – x        b)    –0,5x + y = 1        
    y = 4 – 2x                   x + y = 2    
 
c)    –0,5x + y = 1        d)    –0,5x + y = 1    
         x – 2y = 2                 x – 2y = –2    
 

Wegen der Ungenauigkeit von Zeichnungen liefert das grafische Lösungsverfahren nicht immer den exakten Wert der Lösung eines Gleichungssystems. Exaktheit lässt sich nur auf rechnerischem Wege erreichen. Dazu bieten sich das Additionsverfahren, das Einsetzungsverfahren oder das Gleichsetzungsverfahren an.




 Additionsverfahren
 

Da bei Umformungen von Gleichungen die bekannten Äquivalenzumformungen erlaubt sind, ist es auch möglich, die links- und rechtsseitigen Terme einer zweiten Gleichung zu addieren . Auf diesem Prinzip beruht das Additionsverfahren.
Die Gleichungen des Gleichungssystems sollten dabei so umgeformt werden, dass bei der Addition (oder der Subtraktion) der beiden Gleichungen eine Variable herausfällt, so dass (bei 3 Gleichungen mit 3 Unbekannten nach mehreren Schritten) nur noch eine Bestimmungsgleichung mit einer Variablen übrigbleibt, aus der die Variable berechnet werden kann. Durch Einsetzen dieses Variablenwerts in die andere(n) Gleichung(en) kann man dann den/die anderen Variablenwert(e) berechnen. Die praktische Anwendung wird in den Aufgaben genauer erläutert.

  
2.  

Lösen Sie das folgende Gleichungssystem mit dem Additionsverfahren und machen Sie die Probe, indem Sie die gefundenen Werte für x und y in die beiden Gleichungen einsetzen!

 
  5x + 5(1 + y) = 3x + 10y      
  4(x + 3) – 2y = x – 6y + 39    
 
3.  

Lösen Sie das folgende Gleichungssystem mit 3 Variablen nach dem Additionsverfahren, machen Sie jeweils die Probe indem Sie die gefundene Werte für a, b und c in die drei Gleichungen einsetzen!

 
 
a + b = c + 7
     
  2a – b = 8 – c    
  3a + 2b = c + 20    
 
Sonderfälle

Auch bei Gleichungssystemen mit mehr als zwei Variablen können Sonderfälle auftreten, so dass keine Lösung existiert oder dass es unendlich viele Lösungen gibt. Falls keine Lösung vorhanden ist, muss bei der Rechnung eine falsche Aussage entstehen. Falls es unendlich viele Lösungen gibt, muss bei der Rechnung eine wahre Aussage entstehen.

4.  

Prüfen Sie mit dem Additionsverfahren, ob es eine Lösung, unendlich viele Lösungen oder keine Lösung gibt.
a)    2x – 3y + 2z = 1       b)    2x – 3y + 2z = 1       c)    2x + 3y + 4z = 20      
    –4x + 6y – 4z = –2       –4x + 6y – 4z = –2       –2x – 2y + 3z = 3      
    x – 1,5y + z = 1       x – 1,5y + z = 0,5       –x – 3y + 4z = 5    

 
Lösen Sie nun die Aufgaben 1 und 2 auf dem Übungsblatt!



 Einsetzungsverfahren
 

Dieses Verfahren hat den Vorteil ,dass es bei sehr vielen Gleichungssystemen angewandt werden kann (z.B. auch bei nicht-linearen Gleichungssystemen). Dabei wird eine Gleichung nach einer Variablen (z.B. nach y) aufgelöst, um diesen Term in die andere(n) Gleichung(en) einzusetzen. Nun wird nach der zweiten Variablen aufgelöst (z.B. nach x). Auf diese Weise erhält man schließlich einen Variablenwert. Durch schrittweises Wiedereinsetzen der schon bekannten Werte in eine geeignete Gleichung gelangt man dann zu allen Variablenwerten.
Die praktische Anwendung wird in den Aufgaben genauer erläutert.

  
5.  

Lösen Sie das folgende Gleichungssystem mit dem Einsetzungsverfahren und machen Sie die Probe, indem Sie die gefundenen Werte für x und y in die beiden aufgestellten Gleichungen einsetzen.

 
  5x + 5(1 + y) = 2x + 9(3 + y)      
  4(2x + 3) – 2y = –x – 5y + 18    
 
6.  

Prüfen Sie mit dem Einsetzungsverfahren, ob die Gleichungen genau eine Lösung, keine Lösung oder unendlich viele Lösungen haben.

 
a)    0,5x + 0,75y = 5
      b)    y – x = 3
      c)    y = 1,5x + 2      
    2x + 3y = 12       2y = 2x + 6       y + 1,25x + 3 = 0    
 
7.  

Lösen Sie das Gleichungssystem von Aufgabe 3 nach dem Einsetzungsverfahren!  

 
Lösen Sie nun die Aufgaben 3 und 4 auf dem Übungsblatt!



 Gleichsetzungsverfahren
 

Bei diesem Verfahren werden die Gleichungen als Funktionsgleichungen der Form y = f(x) dargestellt. Dann setzt man die Terme rechts vom Gleicheitszeichen gleich und löst die so entstandene Gleichung nach einer Variablen auf. Durch Einsetzen des ermittelten Wertes in eine der ursprünglichen Gleichungen erhält man den Wert für die zweite Variable. Das Paar aus den ermittelten Werten ist die Lösung des Gleichungssystems.
Im Prinzip ist das Gleichsetzungsverfahren also eine spezielle Form des Einsetzungsverfahrens. Im Unterschied zu diesem muss jedoch nicht nur eine, sondern jede Gleichung nach einer Variablen aufgelöst werden. Daher wird das Gleichsetzungsverfahren eigentlich nur dann angewandt, wenn die Gleichungen schon von vorn herein nach einer bestimmten Variablen aufgelöst, also in der expliziten Form gegeben sind.
Die praktische Anwendung wird in der Aufgabe 8 genauer erläutert.

 
8.  

Lösen Sie das folgende Gleichungssystem mit dem Gleichsetzungsverfahren und machen Sie die Probe, indem Sie die gefundenen Werte für x und y in die beiden aufgestellten Gleichungen einsetzen.

 
  –3x + y = 10      
  2x + y = 5    
 
Lösen Sie nun die Aufgabe 5 und dann die Anwendungsaufgaben  6 – 8  auf dem Übungsblatt!