Die Binomialverteilung dient der Beschreibung von sehr unterschiedlichen statistischen
Problemen, die alle folgende einheitliche Struktur haben:
( I ) : Es liegt ein Zufallsexperiment zugrunde, bei dem nur zwei Ergebnisse
und
unterschieden
werden. Solch ein Zufallsexperiment wird auch Bernoulli- Experiment genannt
(siehe 2.)
Beispiele:
( II ): Das Zufallsexperiment wird n-mal wiederholt. Die Wahrscheinlichkeiten beider Ausgänge sind bei jeder Wiederholung identisch.
Beispiele:
( III ): Man interessiert sich für die Wahrscheinlichkeit dafür, dass bei n-maliger Durchführung des Zufallsexperiment das Ereignis A genau bzw. höchstens bzw. mindestens k-mal eintrifft (siehe 5.).
Beispiele:
1.2 Definition
Nimmt eine Zufallsgröße X die Werte 1, 2 bis n mit den Wahrscheinlichkeiten
P (X = k) = B (n; p; k) = *
pk * (1-p) n-k für
alle k
{1, 2, ..., n} an,
so heißt X binomialverteilt mit den Parametern n und
p oder kürzer B (n; p)-verteilt. Die zugehörige Wahrscheinlichkeitsverteilung
heißt Binomialverteilung mit den Parametern n und p.
Von besonderer Bedeutung sind Zufallsexperimente mit genau zwei möglichen Ergebnissen wie zum Beispiel:
Diese Experimente gehen zurück auf den Mathematiker Jacob Bernoulli und
werden deshalb Bernoulli-Experimente genannt. Als bekanntestes Beispiel dient
wohl der Münzwurf. Eine n-fache Wiederholung eines solchen Bernoulli-Experiments
nennt man auch Bernoulli-Kette der Länge n.
Die Trefferwahrscheinlichkeit p des Bernoulli-Experiments, die sich natürlich
nicht verändert, bezeichnet man auch als Trefferwahrscheinlichkeit der
Bernoulli-Kette.
2.1 Einführungsbeispiel:
Aus einer Urne mit zehn Kugeln, drei schwarze und sieben weiße, werden
drei Kugeln mit zurücklegen gezogen.
Frage: Wie viele Möglichkeiten gibt es genau zwei schwarze Kugeln
zu ziehen?
Frage: Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit genau zwei schwarze
Kugeln zu ziehen?
2.2 Lösungsformel (Bernoulli-Formel):
Ersetzen wir also, wie im Einführungsbeispiel gesehen, die Länge der Bernoulli-Kette drei durch n, die Trefferzahl zwei durch k und die Trefferwahrscheinlichkeit 0,3 durch p, so ergibt sich folgende Formel:
Die Wahrscheinlichkeit für genau k Treffer bei einer Bernoulli-Kette der Länge n mit der Trefferwahrscheinlichkeit p beträgt
*
pk * (1-p)n-k
und wird mit B (n; p; k) bezeichnet. Es gilt also
B (n; p; k) = ![]() |
B (n; p) ist der Name für die Wahrscheinlichkeitsverteilung, während
B (n; p; k) den einzelnen Wert der Wahrscheinlichkeit angibt.
Fassen wir noch mal zusammen:
Die Anzahl der durchgeführten gleichen Bernoulli-Experimente nennt man
auch Bernoulli-Kette der Länge n. Sei nun die Trefferwahrscheinlichkeit
des einzelnen Bernoulli-Experiments P ({Treffer}) = p, die Nietenwahrscheinlichkeit
P ({Niete}) = q = 1 - p. Die Lösungsformel gibt Auskunft über die
Wahrscheinlichkeit B (n; p; k), in einer Bernoulli-Kette der Länge n und
der Trefferwahrscheinlichkeit p genau k Treffer zu erhalten.
Die Bernoulli-Formel gilt eigentlich nur für Experimente "Ziehen mit
zurücklegen", bei denen sich die Trefferwahrscheinlichkeit p nicht
verändert. Sie wird aber auch für Experimente "Ziehen ohne zurücklegen"
angewendet, wenn sich dabei die Trefferwahrscheinlichkeit p praktisch
nicht verändert. Dies ist beispielsweise bei Massenproduktionen der Fall.
Beispiel 2.2.1:
Eine Mannschaft gewinnt ihre Spiele mit einer Wahrscheinlichkeit von .
Mit welcher Wahrscheinlichkeit gewinnt die Mannschaft genau zwei der nächsten
fünf Spiele?
Der Erwartungswert ( µ ) einer binomialverteilten Zufallsgröße errechnet sich wie folgt:
E (X) = n * p |
Beispiel 3.1:
20 % einer Lieferung Fliesen seien Ausschuss. Wie viele
Fehlstücke sind unter 50 Fliesen im Mittel zu erwarten, wenn sie einer
Massenproduktion zufällig entnommen werden?
Beispiel 3.2:
Auf einem Eisenbahnnetz, das von einem Bahnkraftwerk mit Strom versorgt
wird, verkehren zehn Lokomotiven. Die Wahrscheinlichkeit, dass in einer bestimmten
Zeit eine Lokomotive anfährt und eine Stromeinheit verbraucht, sei gleich
0,2 für jede Lok. Mit welchem mittleren Strombedarf ist zu rechnen?
Die Varianz einer binomialverteilten Zufallsgröße X berechnet sich wie folgt (ohne Nachweis):
Var (X) = n * p * q
|
Frage: wie lautet die Varianz von Beispiel 3.1?
Wie bereits bekannt, (siehe Kapitel Zufallsgrößen) berechnet sich somit die Standardabweichung, indem man die Wurzel aus der Varianz zieht:
![]() |
Frage: Wie lautet die Standardabweichung von Beispiel 3.1?
Die Frage ist nun: Mit welcher Wahrscheinlichkeit haben wir höchstens
k Erfolge auf n Versuche?
Für die Werte der (kumulativen) Verteilungsfunktion
F einer binomialverteilten Zufallsgröße X gilt:
F (k) = P (X ![]() ![]() |
Statt F (k) schreibt man häufig auch (k),
also
(k)
=
B
(n; p; i),
d. h. bei dieser Schreibweise wird die Anzahl n der Durchführungen des
Zufallsexperiments mit der Trefferwahrscheinlichkeit p verdeutlicht.
Es sei nun bekannt, dass von einer bestimmten Sorte von Tulpenzwiebeln 10 % nicht keimen.
Beispiel "genau k Treffer":
Mit welcher Wahrscheinlichkeit enthält eine Packung von 25 zufällig
ausgewählten Zwiebeln genau drei Zwiebeln, die nicht aufgehen?
Beispiel "höchstens k Treffer":
Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind höchstens drei Zwiebeln, die
nicht aufgehen, in einer Packung von 25 zufällig ausgewählten Zwiebeln
enthalten?
Beispiel "mehr als k Treffer":
Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind mehr als fünf Zwiebeln, die nicht aufgehen,
in einer Packung von 25 zufällig ausgewählten Zwiebeln enthalten?
Beispiel "mindestens k und höchstens m Treffer":
Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind mindestens zwei und höchstens vier
Zwiebeln, die nicht aufgehen, in einer Packung aus 25 zufällig ausgewählten
Zwiebeln enthalten?
Beispiel "mindestens k Treffer":
Mit welcher Wahrscheinlichkeit sind mindestens 8 Zwiebeln, die nicht aufgehen,
in einer Packung aus 25 zufällig ausgewählten Zwiebeln?